Barmstedt. Das neue Sicherheitskonzept ist aufgegangen. Nachdem es im Vorjahr mehrfach Ärger mit „auf Krawall gebürsteten“ Jugendlichen und betrunkenen Besuchern gegeben hatte, blieb der Barmstedter Stoppelmarkt an den ersten beiden Feiertagen ruhig und friedlich. Voriges Jahr gab es drei Anzeigen wegen Körperverletzung, so die Polizei. Dieses Jahr bis Sonntag kein einziger Vorfall.
Sicherheit wird groß geschrieben in diesen Zeiten. Nicht nur Vorfälle vor der Haustür, auch die Berichte über die Terrorakte in Ansbach, München oder Würzburg haben bei vielen Menschen ein mulmiges Gefühl hinterlassen, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen. Dafür, dass in Barmstedt alles glatt lief, sorgte vor allem der erstmals eingesetzte Sicherheitsdienst Hamburg-Sicherheit & More Ltd. des Barmstedter Unternehmers Dieter Kremer, lobt Veranstalter Michael Sonnenberg. „Die Security-Leute haben einen wirklich guten Job gemacht. Sie waren präsent, aber blieben trotzdem unauffällig.“
Es war die zweite Sicherheitsvorkehrung für das größte Stadtfest in Barmstedt. Vor zwei Jahren mussten wegen der Brandschutzauflagen die Jahrmarktbuden von den Hauswänden in der engen Reichenstraße abgerückt werden, was dem Fest beinahe seinen urigen Charakter nahm und die Zahl der Besucher stark reduzierte. Im vorigen Jahr übergab die Stadt die Organisation an die Eventagentur MSI aus Neumünster. Sie hauchte dem Stoppelmarkt wieder Leben ein, der die Barmstedter Innenstadt wieder für vier Tage vom Marktplatz bis zur Schulstraße mit 60 Schaustellern, Karussells, Autoscooter und Live-Musik in eine große Party-Meile verwandelt. Am heutigen Montag klingt das Fest gegen Mitternacht aus.
Dann hat die eine Hälfte seiner Truppe bereits Feierabend, berichtet Dieter Kremer, der mit seinen Leuten sonst für die Sicherheit auf Firmenfesten oder bei Konzerten von AC/DC oder Lionel Richie in Hamburg sorgt.
„Am nächsten Wochenende sind wir wieder bei vier Veranstaltungen im Stadtpark und bewachen beim Elmshorner Hafenfest die Bühne.“ Seine Mitarbeiter seien alle ausgebildete und erfahrene Kräfte im Sicherheitsdienst, betont Kremer. „Die wissen alle ganz genau, was sie zu tun haben.“
Die wichtigste Eigenschaft eines guten Sicherheitsmannes sei „Ruhe zu bewahren, nicht gleich zu explodieren“, gibt Kremer ein Geschäftsgeheimnis preis. „Sie müssen immer zuallererst versuchen, bei einem Streit die Situation verbal zu deeskalieren“, erklärt Kremer. „Körperliche Gewalt darf nur das letzte Mittel sein, sozusagen in Notwehr, wenn gar nichts mehr anderes geht.“ Und dann müssten sie sowieso auf die Polizei warten, die alles weitere unternehme.
Die Ordnungshüter zeigten sich auch beeindruckt, wie „massiv der Sicherheitsdienst“ beim Stoppelmarkt dieses Jahr aufgefahren wurde, sagt Dirk Scheuermann von der Barmstedter Polizeistation. „Es ist alles ruhig geblieben, vielleicht auch, weil sich der eine oder andere davon hat abschrecken lassen, der sonst gerne Krawall gemacht hätte.“
Dabei ist der Handlungsspielraum der Sicherheitskräfte auf so einem Stadtfest begrenzt. „Taschenkontrollen dürfen wir nicht vornehmen“, sagt Kremer. Das sei nur bei einer geschlossenen Veranstaltung wie zum Beispiel in einem Konzertsaal oder auf einem abgegrenzten Festivalgelände möglich. Aber nicht auf offener Straße. Wenn seinen Leuten aber etwas verdächtig vorkommt, könnten sie nur höflich bitten, ob sie mal in den Rucksack schauen dürften. Falls das verweigert werde, bliebe ihnen nur die Polizei um Hilfe zu rufen, erläutert Dieter Kremer die Rechtslage.
Eine Paniksituation habe er in seinen 15 Jahren Berufserfahrung zum Glück noch nicht erlebt, sagt Kremer. „Das wünscht sich keiner in unserer Branche.“ Aber selbst dann wüssten seine Leute sofort, was tun wäre, nämlich die Notausgänge zu öffnen und den Marktplatz abzuriegeln, wenn von dort die Gefahr ausginge. „Das wäre innerhalb weniger Minuten geregelt.“
Kremer hat sein Hauptquartier in einem Zelt direkt am Marktplatz aufgestellt, das auch als Fundbüro fungiert. Von hier aus steht er per Funk in ständigem Kontakt mit seinen Sicherheitsleuten, die regelmäßig zu zweit Streife laufen, vom Marktplatz bis zur Schulstraße und wieder zurück. „Wir achten vor allem auf Betrunkene und jugendliche Randalierer, die Stress machen wollen“, sagt einer von ihnen. Das geht dann nicht immer zimperlich zur Sache, gibt er zu. „Im Ernstfall ist es am wichtigsten, denjenigen, der Stress macht, zu Boden zu kriegen.“ Dann sei Ruhe.
Aber solche handgreiflichen Auseinandersetzungen waren diesmal auf dem Stoppelmarkt unnötig. Vor allem die Schausteller hätten sich gefreut, dass alles so ruhig geblieben ist, sagt Sicherheitschef Kremer. „Die haben mir gesagt, dass sie sich richtig sicher und wohl gefühlt haben. Ein besseres Kompliment können wir für unsere Arbeit nicht kriegen.“
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